Erdbeben | Obst? Obst!

Während wir weiter die mittlerweile „etablierten“ Hilfsleistungen wie Ausgabe kleiner Geldbeträge zur Eigenversorgung mit Dingen des täglichen Bedarfs, Aufbau und Einrichtung von Zelten, Verteilung warmer Mahlzeiten, Hygieneartikeln, Spielsachen an Kinder, Windeln und Babynahrung oder die Bereitstellung medizinischer Versorgung täglich von neuem angehen versuchen wir auch immer neu auf die Bedürfnisse zu reagieren.

Beispielsweise sind wir gerade dabei, Wohnungen zu renovieren, natürlich in Abstimmung mit Fachleuten (Ingenieure, Statiker), damit die Familien wieder dorthin zurückkehren können. Und unsere Ärzte haben uns darauf hingewiesen, dass vor allem die Verletzten dringend auf ihre Ernährung achten sollten, auch Vitamine zu sich nehmen müssten. Da die meisten Menschen in Nordwestsyrien schon aus schierer Armut aber nicht einmal ausreichend essen können, wie sollen sie dann Obst bezahlen können?

Wir haben daher eine Tonne – 1.000 kg – Bananen, Orangen und Äpfel gekauft und „Obstpakete“ geschnürt und verteilt – die Freude darüber war groß, die Überraschung ebenso. Manchmal ist ein Festtag dann wenn man ihn nicht erwartet…

Danke, dass wir zusätzlich zu allem anderen auch diese Überraschung machen durften – wir brauchen für weitere Hilfeleistungen und die ein oder andere Überraschung auch weiterhin jede Unterstützung!

Erdbeben | Aus der Bahn geworfen

Nach dem erneut heftigem Erdbeben am Montagabend haben wir die Schulen wieder geschlossen, das Risiko eines weiteren starken Nachbebens während der Schulzeit ist uns erheblich zu groß – nicht auszudenken welche Folgen das haben würde!

Bereits gestern waren wir auf unseren Fahrten dort, wo wir die letzte Nachtfahrt hatten und haben Zelte aufgebaut für die Familien, mit Matratzen, Decken, Isomatten, Öfen und vielem mehr. Haben Hygieneartikel ausgegeben, Damenbinden, Spielsachen.

Auch unsere Küche läuft weiter auf Hochtouren, täglich werden über 400 warme Mahlzeiten frisch zubereitet und an Kliniken und Lager verteilt. Unsere medizinische Praxis leistet ärztliche Versorgung, wir beschaffen weitere Hygieneartikel, frische Wäsche, Dinge des sehr privaten täglichen Bedarfs und geben sie weiter an Bedürftige. Diese Arbeit begleitet uns nun seit Tagen und bleibt stabil, es wird lange dauern bis irgendeine dieser Leistungen nicht mehr benötigt wird.

Parallel nimmt unser Zentrum für psychosoziale Notfallversorgung und Betreuung langsam Gestalt an, Fachleute werden dazu geholt und unser Team nimmt schon seit einer Woche an unzähligen Fortbildungen teil. Bedarf an diesem Angebot herrscht gerade in Nordwest-Syrien in enormen Umfang, alle hier haben Fluchterfahrungen und Verluste von Freunden und/oder Familienmitgliedern zu beklagen, sind schon dadurch traumatisiert. Das Erdbeben wirkte hier wie ein Verstärker, viele haben nun vollends den Boden unter den Füßen verloren, wirken wie „aus der Bahn geworfen“.

Wir wollen und wir werden ihnen dabei helfen, wieder auf die Beine zu kommen!

Erdbeben | DANKE – Auf Katastrophenhilfe folgt Aufbauhilfe!

Seit dem 06. Februar haben wir all unsere Kraft (und manchmal darüber hinaus) eingesetzt um ab der ersten Minute Nothilfe zu leisten. Um „Katastrophenhilfe“ zu leisten – ein sperriges Wort, dass jedoch die erlebte Katastrophe und die so wichtige Hilfe richtig zusammen fügt. 

Einer Katastrophe aber steht man oft hilflos gegenüber, sie zieht über einen hinweg. Danach beginnt das Aufarbeiten, die erschrockene Hilflosigkeit oder gar Ohnmacht weicht dem Drang zu helfen. Im besten Falle geschieht dies gemeinsam, „innen“ im Helfer-Team und „außen“ beim Unterstützer-Team. Diese so wichtige Hilfsbereitschaft und Unterstützung durften wir ab dem ersten Tag erleben und erleben sie immer noch. Erst die Spenden ermöglichen uns, die wir ja mitten im Erdbebengebiet sind, umfassende Hilfe zu leisten. Dafür möchten wir uns heute im Namen unseres gesamten Helfer-Teams hier aber vor allem dort vor Ort sehr sehr herzlich bedanken! Außen wird so zu innen, alle werden zu einem großen Team das zusammensteht und hilft! DANKE von Herzen!!

Wir stehen auch weiterhin eng zusammen und haben in den letzten Tagen schon unglaublich viel Erstversorgung leisten dürfen! Zelte, Matratzen, Decken, Heizöfen mit Brennmaterial,  Gasöfen, Solarpaneele, Essenspakete, warme Mahlzeiten (nun sind es schon drei Kliniken deren Ärzte und/oder Patienten wir mit täglich frisch gekochten Mahlzeiten versorgen), Taschengelder, Hygieneartikel, Spielsachen für die Kinder; auch Kuscheltiere und so viel mehr. Viele der Zelte werden in der Nähe der zusammengebrochenen Häuser aufgebaut. Auch damit Vermisste, die vielleicht doch noch leben und sich auf die Suche nach ihren Familien und Nachbarn machen, diese in den Zelten vor der alten Heimstatt finden.

Täglich fahren wir mit vollgepackten Fahrzeugen raus, auch Windeln, Babynahrung, und medizinischer Bedarf ist darunter. Unsere mobile Praxis versorgt Verletzte, zahlreiche Verwundete sind bisher unbehandelt, allein gestern konnten wir für über 120 Patienten Ersthilfe leisten. Viele haben Angehörige verloren, sind verzweifelt, lehnen fast die Behandlung ab weil sie in ihrem Schmerz um diese Verluste gleichgültig sich selbst gegenüber sind. Wollen Schmerzmittel, auch um den seelischen Schmerz zu betäuben.

Und das ist einer der wesentlichen Erkenntnisse der letzten Tage: die Zahl der seelisch Kranken, der Traumatisierten ist unfassbar groß. Das Erdbeben hat ihnen die allerletzte Zuversicht, das Vertrauen in den Boden auf dem sie stehen genommen. Vor allem Kinder glauben ihren Beinen nicht mehr, haben ihr (inneres) Gleichgewicht verloren. Wir arbeiten seit Tagen an einer Antwort und werden hier ganz sicher ein langfristiges Projekt entwickeln! 

Denn nun beginnt langsam die Aufbauarbeit. Der Gebäude, vor allem aber der Menschen! 

Erdbeben | Kalte Nächte

Unzählige haben ihre Lagerstatt auf Feldern aufgeschlagen, ihre Häuser sind zusammen gestürzt oder nicht mehr bewohnbar. Und noch immer schlafen viele unter freiem Himmel auf offenem Boden, ohne Lagerstatt. Im Winter.

Zu den dringendsten Bedürfnissen zählt daher weiterhin Wärme!

Wir verteilen daher soviel Heizmittel und Öfen wie wir auftreiben können, versorgen Familien mit Matratzen und Decken aber auch Lebensmittelpaketen. Fahren morgens mit vollgepackten Fahrzeugen los und kehren immer wieder zurück um die leeren Fahrzeuge wieder aufzufüllen; auch mit Spielsachen und Kuscheltieren für die Kinder. Werden nachts gerufen um Neuankömmlingen in den Lagern mit Erstversorgung auszustatten.

Und wir verteilen mittlerweile an drei Kliniken warme Mahlzeiten, diese sind mit der schieren Menge an Verletzten schlicht überfordert. Es fehlt an Medikamenten, Verbandsmaterial und oft auch an ausreichend Platz für all die Patienten…

Wir tun so viel wir nur können – DANKE, dass wir das dürfen!!

Erdbeben | Eine Woche danach

Heute ist es eine Woche her, dass die Erde gebebt hat und nicht nur zahlreiche Gebäude zum Einsturz gebracht hat sondern auch viele Lebenswege zerstört hat. Noch immer liegen viele unter dem Schutt begraben, die Überlebenschancen sind quasi nicht vorhanden; auch wenn jede Lebendbergung wie ein Wunder gefeiert wird. Aber es wird weiter versucht zu bergen; die Hoffnung lässt sich vom Realismus nicht unterkriegen!

Auch wir lassen uns nicht unterkriegen und versorgen mit allen verfügbaren Kräften die nahezu unzähligen Hilfsbedürftigen. Dabei begleiten uns die Geschichten die unser Team selber erlebt hat und die sie täglich hören; von zersprengten Familien (die ohne Handy und Ausweispapiere umherirren und sich zu finden hoffen), von Kindern, deren komplette Familie verstorben ist oder von ganzen Häusern, aus denen kein Überlebender es herausgeschafft hat. Alle tragen traumatische Erlebnisse mit sich, daran werden wir versuchen zu arbeiten.

Heute, die ganze letzte Woche und die nächste Zeit aber waren, sind und werden wir vor allem damit beschäftigt sein, Nothilfe zu leisten. Alltagsgegenstände wie warme Decken, Heizmaterial, Lebensmittel, Hygieneartikel uvm. auszugeben. Die gekauften 80 Zelte stehen, die Zeltbewohner wurden mit Isomatten, Matratzen, Heizmitteln, Mini-Photovoltaik-Anlagen und Gaskochern ausgestattet. Seit einigen Tagen kochen wir täglich warme Mahlzeiten, so konnten gestern 300 Portionen Reis mit Gemüse und Hähnchenfleisch in mehreren neuen Lagern und an die oft apathisch kauernden Menschen entlang der Straßen verteilt werden.

Und etwa 100 dieser Portionen haben wir in einem Krankenhaus an die Ärzte, Patienten und deren Angehörige verteilt – hier war die Freude ganz besonders groß, da sie sich kaum um Essen kümmern können, manche von ihnen haben seit Tagen keine richtige Mahlzeit mehr zu sich genommen! Auch diese Hilfe werden wir in den nächsten Tagen fortsetzen.

Wir alle bedanken uns sehr (!!!) für die seit Tagen anhaltende Unterstützung! Denn ohne Deine, Eure, Ihre Hilfe wäre unsere Hilfe nicht möglich!

Erdbeben | Guten Morgen – Tag 6 beginnt

Der Tag bricht an im Erdbebengebiet Nordwestsyriens. Alle sind froh, dass die Sonne wieder aufgeht und Wärme (auch im Herzen) mit sich bringt. Die etwa 25 Familien am Straßenrand stammen alle aus dem stark getroffenen Dschindires und haben sich zusammengetan um sich gegenseitig zu unterstützen und zu helfen. Sie treffen sich jeden Morgen hier und warten in der Hoffnung auf Zelte. Um sich ein „Dschindires-Dorf“ zu errichten.

Zelte aber sind nun Mangelware. Und wenn doch noch welche zu bekommen sind dann zu mittlerweile exorbitanten Preisen. Wir suchen weiter, die am Mittwoch noch zu einem guten Preis gekauften 80 Zelte sind nahezu allesamt aufgebaut und geben die von so vielen Betroffenen als dringlich genannte „Privatsphäre“.

Wir verteilen auch heute an vielen unterschiedlichen Orten zugleich weiterhin Lebensmittel, Heizmittel, Decken, Gasöfen und Mini-Photovoltaik-Paneele. Statten Zelte mit Matratzen und Isomatten gegen den nasskalten Boden aus. Es ist Winter.

Und sind voller Dank für die tragende Unterstützung die wir erfahren dürfen! Denn ohne sie wäre alles nichts…


Erdbeben | Update

Es wird weiter geborgen, auch wenn die Hoffnung auf Überlebende immer geringer wird. Jede Lebend-Bergung wird gefeiert, dann bricht alle Anspannung, alle Angst und alle Trauer aus den Helfern heraus und manche wissen nicht mehr wohin mit sich und ihren Gefühlen.

Die, die nicht bergen oder am Rande dabei stehen und hoffen, dass ihre Angehörigen, ihre Freunde, ihre Nachbarn lebend gefunden werden, versuchen mit dem Erlebten und damit klar zu kommen kein Dach mehr über dem Kopf zu haben. Wir helfen ihnen mit dem Aufbau von nunmehr schon 80 Zelten (viel mehr werden wir aktuell nicht bekommen, es gibt quasi keine mehr!) in mehreren kleinen „Zeltdörfern“ und versorgen die Bewohner dieser neuen Unterkünfte mit Iso-Matten gegen die Kälte, Matratzen, Decken, kleinen Gaskochern, Öfen, Heizmitteln und Mini-Solar-Panels zur Stromerzeugung. Geben soviel wie möglich Essen aus, kochen, verteilen warme Mahlzeiten.

Toiletten werden dringend benötigt, wie und ob wir das schaffen diskutieren wir noch. Überhaupt ist verständlicherweise vieles chaotisch, wir versuchen dem Ganzen so strukturiert wie nur möglich zu begegnen und den Bedürftigen wie all die Jahre ein verlässlicher Partner zu sein. Der ihnen beisteht und auf ihre Bedürfnisse eingeht. Denn auch das hilft ihnen zur Ruhe zu kommen um das Geschehene zu verarbeiten.

So wie uns der in den letzten Tagen erfahrene und so wunderbare Zuspruch so vieler wunderbarer Menschen dabei hilft, unermüdlich weiter zu machen, nicht nachzulassen. Nicht die Hoffnung zu verlieren. Auch dafür unser aller tief empfundener Dank – wir geben diesen Zuspruch weiter an unser Team vor Ort, wissend, dass es auch ihnen gut tut und langen Atem gibt!! DANKE!

Erdbeben vom 06. Februar 2023

Die Nachrichten vom Morgen des 6. Februars waren im wahrsten Sinne des Wortes: erschütternd! Gaziantep, in dessen Nähe das Epizentrum des Erdbebens liegt, ist unweit der türkisch-syrischen Grenze und unweit der „Nordwest-Syrien“ genannten Zone entlang der Grenze, in der auch das fast eine Millionen fassende sehr weitläufige Flüchtlingscamp Atmeh sich erstreckt. Hier liegen auch die Gebäude unserer drei Schulen, hier ist unsere Arztpraxis, hier leben all die Helferinnen und Helfer, alle Schülerinnen und Schüler, alle Lehrerinnen und Lehrer. Selten war es in den letzten Jahren in dieser Region ein Vorteil, im Zelt zu leben…

Natürlich aber gibt es mehr und mehr Häuser, wie auch unsere Schulen. Diese Schulgebäude stehen zum Glück noch, in unmittelbarer Nachbarschaft sind jedoch etliche Gebäude in sich zusammen gestürzt und haben die Bewohner unter sich begraben. Ein Teil unseres Teams war seit den frühen Morgenstunden wie viele andere dabei, oft mit bloßen Händen zu graben, Schutt wegzuräumen, nach Überlebenden zu suchen. Und konnten auch viele Verletzte lebend bergen, für einen kleinen Jungen und eine unserer Schülerinnen mit ihrer Mutter aber kam leider jede Hilfe zu spät. Ein anderer Teil des Teams hat parallel sofort warme Winterdecken ausgegeben an die obdachlos Gewordenen und weitere Hilfsaktionen außerhalb der Grabarbeiten geplant. Denn gleichzeitig sind wir natürlich in Abstimmung mit anderen lokalen Hilfsgruppierungen, mit den örtlichen Verwaltungsstrukturen, mit den Bedürftigen.

Am Morgen des 8. Februar ist der aktuelle Zwischenstand wie folgt: Wir verteilen weiterhin Decken, haben gestern und vorgestern bereits Unmengen kleiner Essenspakete mit Brot, Datteln (lokal sehr gut zu bekommender schneller Energielieferant) und Käse gepackt und ausgegeben. Heute beginnen wir damit, 40 Zelte als Notunterkünfte aufzubauen mit Matratzen, Decken, Beleuchtung und werden in einem der Zelte eine Küche aufbauen um verschiedene warme Mahlzeiten zu kochen und auszugeben. Weiterhin beschaffen wir Matratzen, Decken, Heizmittel und Öfen sowie Lebensmittel um sie an die Bedürftigen auszugeben. Denn zu aller Not kommt noch der Winter dazu, es ist eiskalt, ausreichend Schutz vor der Kälte ist überlebenswichtig! Während alldem helfen wir weiterhin bei der Suche nach Vermissten und bei der Bergung.

Unser Schulen sind aktuell geschlossen und werden als „Basislager“ genutzt; zur Koordinierung unseres Teams und sehr vieler ehrenamtlicher Helfer, darunter viele (auch ehemalige) Schüler unserer Oberschule. Alle packen mit an, alle haben leider sehr viel Erfahrung mit zusammengestürzten Gebäuden.

Wir leisten so viel Hilfe wie wir können – danke für jede Unterstützung!